Geschäftsbedingungen im internationalen Versandhandel
Der Oberste Gerichtshof entschied zuletzt (2 Ob 155/16g vom 14.12.2017, hier abrufbar), welches Recht beim Kauf von Waren von einem internationalen Versandhändler zur Anwendung kommt.
Die Kernaussage des OGH
Eine Rechtswahl in AGB ist zwar grundsätzlich zuläsig. Demnach ist is es möglich, die Anwendung des Rechts zu vereinbaren, in dem das Unternehmen ansässig ist. Die Rechtswahl darf aber nicht dazu führen, dass in Österreich ansässigen Verbrauchern der Schutz zwingender Bestimmungen des österreichischen Rechts entzogen wird. Eine Rechtswahlklausel, die keinen Hinweis auf den ergänzenden Schutz durch Anwendung der zwingenden Bestimmungen des Verbraucherstaatrechts enthält, beurteilte der OGH daher als nichtig.
Welchen Hintergrund hat die Entscheidung?
Mit der Entscheidung beendete der OGH einen mehrjährigen Rechtsstreit zwischen dem VKI und der in Luxemburg ansässigen Amazon-Tochtergesellschaft. Aus einer vom OGH herbeigeführten Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs, C-191/15, leitete das Höchstgericht die Anwendbarkeit österreichischen Rechts ab. Zwar enthielten die Geschäftsbedingungen eine Klausel, wonach auf die Verträge zwischen dem Unternehmen und seinen Kunden luxemburgisches Recht anwendbar sein sollte. Eine solche „Rechtswahl“ ist grundsätzlich wirksam. Verbraucher können sich aber trotzdem auf die zwingenden Bestimmungen jenes Rechts berufen, das im Staat ihres gewöhnlichen Aufenthalts gilt; anzuwenden ist daher das für den Verbraucher „günstigere“ Recht. Darauf muss in einer Rechtswahlklausel hingewiesen werden. Da die konkrete Rechtswahlklausel keinen solchen Hinweis enthielt, war sie zur Gänze unwirksam, was zur umfassenden Anwendung österreichischen Rechts führte. Anderes galt nur für bestimmte datenschutzrechtliche Fragen, die in Zukunft aber ohnehin nach der europaweit einheitlich geltenden Datenschutz-Grundverordnung der EU zu beurteilen sein werden.
Was ist das Ergebnis der Entscheidung?
In der Sache untersagte der OGH alle vom VKI bekämpften Klauseln, da sie unklar waren oder gegen zwingende Bestimmungen des österreichischen Rechts verstießen. Unzulässig waren unter anderem Regelungen, wonach ein Rücktritt vom Vertrag nur schriftlich erfolgen konnte, bei Kauf auf Rechnung eine Gebühr von € 1,50 zu zahlen war und die Kunden dem Unternehmen uneingeschränkte Rechte an Inhalten (z.B. Kundenrezensionen) einräumten, die sie auf dessen Website einstellten. Untersagt wurden weiters Klauseln, die als uneingeschränkte oder zumindest unklare Zustimmung der Verbraucher zur Verarbeitung personenbezogener Daten zu verstehen waren.
Was ist zu tun?
Alle Unternehmen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat, die österreichische Verbraucher ansprechen und das Recht ihres Heimatlandes anwenden möchten, müssen darauf achten, dass die Rechtswahlklausel in ihren AGB einen Hinweis auf den ergänzenden Schutz durch Anwendung der zwingenden Bestimmungen des Verbraucherstaatrechts enthält.