Neue EBA-Leitlinien zum AML-Officer
Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) hat am 14.6.2022 Leitlinien zu Strategien und Verfahren für das Compliance-Management und die Rolle und Zuständigkeiten des Geldwäschebeauftragten (AML-Officer) veröffentlicht. Diese treten am 1.12.2022 in Kraft und gelten für alle Unternehmen des Finanzsektors, die in den Anwendungsbereich der Geldwäscherichtlinie (AMLD) fallen. Im folgenden Beitrag haben wir die wesentlichen Neuerungen für den AML-Officer und das zuständige Leitungsorgan übersichtlich zusammengefasst.
Kriterien für die Bestellung eines AML-Officers
Die EBA-Leitlinien stellen zunächst klar, dass die Bestellung eines AML-Officers vom Umfang und Komplexität der Geschäftstätigkeit sowie den ermittelten Risiken in Bezug auf Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung abhängt. Bei geringem Geldwäsche-Risiko soll es möglich sein, dass verpflichtete Kredit- und Finanzinstitute keinen AML-Officer bestellen und die entsprechenden Aufgaben auf ein Mitglied des Leitungsorgans übertragen. Wenn ein AML-Officer ernannt wird, sollte das Leitungsorgan festlegen, ob diese Funktion auf Vollzeitbasis ausgeübt wird oder die Aufgabe von einem Mitarbeiter zusätzlich zu seinen bestehenden Funktionen auf Teilzeitbasis wahrgenommen werden kann. Bei der Beauftragung eines Mitarbeiters sollte das Leitungsorgan jedenfalls darauf achten, dass mögliche Interessenkonflikte vermieden werden. Alternativ besteht die Möglichkeit der Auslagerung der Aufgaben an einen Dritten.
Wenn das Leitungsorgan beschließt, keinen eigenen AML-Officer zu bestellen, sollten die Gründe für die Entscheidung dokumentiert werden. Dabei sind neben der Art der Geschäftstätigkeit auch die einschlägigen Risikofaktoren (Länderrisiko, Kundenrisiko, Vertriebskanäle, Produkte und Dienstleistungen), die Anzahl der Kunden, das Transaktionsvolumen und die Anzahl der Mitarbeiter zu berücksichtigen.
Anforderungen an den AML-Officer
Nach den EBA-Leitlinien kommt dem AML-Officer eine Leitungsfunktion zu. Das bedeutet, dass er dem Leitungsorgan auf eigene Initiative alle notwendigen oder geeigneten Maßnahmen vorschlagen kann, um die Einhaltung und Wirksamkeit der internen Maßnahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu gewährleisten. Er sollte normalerweise im Land der Niederlassung des verpflichteten Unternehmens arbeiten. Wenn es das GW/TF-Risiko und das nationale Recht zulässt, kann der AML-Officer auch in einem anderen Land ansässig sein. Weiters stellen die EBA-Leitlinien klar, dass die Rollen des AML-Officers und der allgemeinen Compliance-Funktion gemeinsam ausgeübt werden können.
Die weiteren Anforderungen entsprechen der bisherigen Praxis der Aufsichtsbehörden. Das ist wenig überraschend, denn die Anforderungen beruhen auf der 4. Geldwäsche-Richtlinie, welche bereits 2015 veröffentlicht wurde. So muss der AML-Officer (i) einen einwandfreien Leumund, Redlichkeit und Integrität aufweisen, (ii) über geeignete Fähigkeiten und Fachkenntnisse verfügen, (iii) das Geschäftsmodell des Kredit- oder Finanzinstituts und die damit verbundenen Risiken verstehen, (iv) einschlägige Erfahrung in Bezug auf GW/TF haben und (v) ausreichend Zeit und Rang für die wirksame Wahrnehmung seiner Aufgaben haben.
Aufgaben des AML-Officers
Die Rolle und Zuständigkeiten des AML-Officers müssen klar definiert und dokumentiert sein. Der AML-Officer soll im Wesentlichen für folgende Aufgaben zuständig sein:
- Entwicklung eines Risikobewertungsrahmens auf Unternehmens- und Kundenebene.
- Erarbeitung von GW/TF-Strategien und Verfahren, Aktualisierung und Sicherstellung ihrer wirksamen und kontinuierlichen Umsetzung.
- Beratung der Geschäftsleitung vor der Entscheidung über die Aufnahme neuer Kunden mit hohem Risiko oder Aufrechterhaltung von Geschäftsbeziehungen mit hohem Risiko. Wenn die Geschäftsleitung der Entscheidung des AML-Officers nicht nachkommt, sollte sie ihre Entscheidung dokumentieren und Maßnahmen zur Risikobegrenzung definieren.
- Überwachung der Einhaltung der Vorschriften durch das Institut und der wirksamen Anwendung von Kontrollen sowie Empfehlung von Korrekturmaßnahmen (2nd line of defense).
- Berichterstattung an das Leitungsorgan über Risiken, Ressourcen, Strategien und Verfahren. Die EBA-Leitlinien enthalten Mindestinformationen, die im Tätigkeitsbericht aufgenommen werden müssen.
- Meldung verdächtiger Transaktionen an die Financial Intelligence Unit (FIU).
- Durchführung von Schulungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen.
Anforderungen an das zuständige Leitungsorgan
Die EBA-Leitlinien unterscheiden für die Zwecke der Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zwischen dem Leitungsorgan in seiner Aufsichtsfunktion und dem Leitungsorgan in seiner Leitungsfunktion. Das Leitungsorgan in seiner Aufsichtsfunktion ist für die Beaufsichtigung und Überwachung der Umsetzung der internen Strategien und Verfahren zuständig. Zusätzlich ist mindestens einmal jährlich die AML-Compliance-Funktion zu bewerten. Das Leitungsorgan in seiner Leitungsfunktion ist dagegen für die Umsetzung der Strategien (ua Sicherstellung von ausreichenden personellen und technischen Ressourcen), die Prüfung des jährlichen Tätigkeitsberichts des AML-Officers sowie die Berichterstattung an die zuständigen Behörden verantwortlich.
Die EBA-Leitlinien gelten ab dem 1.12.2022 und bringen einige neue Anforderungen an den AML-Officer und das Leitungsorgan von Kredit- und Finanzinstituten. Die Befassung mit dem Thema lohnt sich, denn die Aufsichtsbehörden werden in ihrer Prüftätigkeit sicher auch die neuen Anforderungen berücksichtigen.
Wie können wir Ihnen helfen?
Mit unserem umfassenden Know-how im Bereich der Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung können wir Sie kompetent bei der Anpassung Ihrer Prozessbeschreibungen, Strategien und Kontrollen an die neuen Anforderungen unterstützen. Wir freuen uns auf Ihre Anfrage.
Ansprechpersonen: Mag. Sanijel Ficulovic und Dr. Bernd Fletzberger